Bis heute erfolgt die Wiedergabe von Filmen im Kino immer noch durch ein rein analoges Medium, nämlich dem 35mm-Film, im Regelfall bestehend aus Polyestermaterial, aber im Grundsatz noch genau so wie vor gut 100 Jahren, als die Bilder laufen lernten. Natürlich hat es über die Jahre unzählige Verbesserungen und Entwicklungen gegeben, die mit 35mm-Filmen eine sehr gute Qualität möglich machen. Der Ton wird heutzutage meistens schon digital, wenn auch komprimiert, vorgeführt, aber das ändert nichts daran, dass Kinos auch heute meistens noch mit klassischen Filmrollen beliefert werden, die dann von mechanischen Projektoren abgespielt werden.
Im digitalen Kino wird nun wirklich (fast) alles anders. Anstelle der schweren Filmrollen werden die Kinos mit digitalen Daten beliefert, entweder auf handelsüblichen Wechselfestplatten oder in Zukunft über Satellitenstrecken. Der komplette Film wird in einem Ordner auf der Festplatte, der Bild-, Ton- und ggf. Untertiteldaten neben weiteren Daten, die zur Wiedergabe benötigt werden, gespeichert.
Die gute Nachricht für die Kinobranche (und die schlechte für Raubkopierer) vorab: die Daten sind mehrfach verschlüsselt, und zwar nach einem Standard, der dem Sicherheitssystem für Bankkonten entspricht. Ohne entsprechenden, systembezogenen und auch noch zeitlich limitierten Code-Schlüssel lässt sich kein Film mehr abspielen.
Die viel bessere Nachricht gilt aber den Kinobesuchern: mit digitalem Kino kommt der Besucher in den Genuss, ein identisches Abbild der „Nullkopie“ erleben zu können. Also so, wie bei der allerersten Version des Films, genau wie die Filmemacher sie auch bei der Produktion sehen und hören konnte, und das in jeder Vorstellung und an jedem Tag. Denn digitale Daten können natürlich, ganz im Gegenteil zu analogen Filmbändern, nicht verkratzen oder verstauben. Digitales Kino bringt Weltpremierenqualität für jeden Gast. Neben dem perfekten Bild, profitiert auch die Tonqualität ganz erheblich, auch wenn der Ton im Kino schon seit längerem digital ist. Beim Digital Cinema ist der Ton grundsätzlich unkomprimiert auf bis zu 16 Kanälen und übertrifft in der Klangqualität mit 24 Bit und 48 oder gar 96 KHz Sampling jede CD und sogar manch höherwertiges Format daheim. Was der Kinobesucher hört, ist nichts anderes als das Master, welches bei der Abmischung des Films erstellt wurde.
Wie kommt der digitale Film ins Kino?
Im Regelfall werden die Kinos im digitalen Kino von heute seitens der Filmstudios und Filmverleiher mit Festplatten beliefert. Die Filmdaten werden dann vor Ort im Vorführraum auf die Wiedergaberserver überspielt. Die Filme werden also wohlgemerkt nicht von diesen Festplatten abgespielt, viel mehr dienen diese lediglich als Transportmedium. Die Wiedergabe selbst findet von einem speziellen Wiedergabeserver statt, um den extrem hohen Sicherheitsstandards zu genügen. Dazu gehört, dass neben den Filmdaten selbst ein separater, auf den einzelnen Kinosaal bezogener Schlüssel vorliegen muss, um die mit einem AES-128-Bit-Algorithmus codierten Daten freizuschalten – keine Chance für Raubkopierer!
Ein zweistündiger Film löst eine Datenmenge von ca. 150 bis 250 Gigabyte aus, je nach Detailgehalt des Inhalts. Zur verlustfreien Komprimierung des Bildes wird eine JPEG2000-Kompression vorgenommen, die den Vorteil hat, dass hier Bild für Bild analysiert und komprimiert wird. Zudem können unterschiedliche Auflösungen aus ein und der selben Datei generiert werden, da JPEG2000 skalierbar ist.
Die Wiedergabetechnik
Eine digitaler Kinoprojektor ist völlig anders als ein klassischer Filmprojektor. Im Prinzip handelt es sich um einen hochspezialisierten Videoprojektor mit einem ebenso speziellen Videoserver. Neben dem nachvollziehbar hohen Sicherheitsbedürfnis stellt natürlich insbesondere die gewollte Wiedergabequalität von Bild und Ton auf Niveau der „Nullkopie“ extreme Anforderungen an das Equipment. Es wäre insofern ein großer Irrtum zu glauben, dass diese Technik auch nur im Ansatz mit Geräten aus dem Bereich Home-Cinema zu vergleichen wäre. Oder konkreter: ein NEC-Projektionssystem, wie hier im grefi-kino im Einsatz wiegt über 300 Kilogramm und verbraucht 3 KW/h Strom.
Die dritte Dimension
Neben einer buchstäblich unerhörten und ungesehenen Wiedergabequalität öffnet digitales Kino aber noch eine ganz andere Perspektive, nämlich die auf die dritte Dimension. Mit digitaler Projektion ist 3D in bis vor kurzem undenkbarer Qualität möglich, die so gar nichts mehr mit den mäßigen Rot-Grün-Brillen-Erfahrungen der 70er Jahre oder gar „Tutti Frutti“ im Fernsehen zu tun hat.
Die technische Herausforderung bei 3D ist im Prinzip simpel formuliert, aber eben schwieriger zu realisieren: eigentlich geht es ja nur darum, zwei Filme gleichzeitig zu zeigen, den einen für das linke und den anderen für das rechte Auge, damit ein räumlicher Bildeindruck entsteht. Das eigentliche Problem ist aber, dies mit nur einem Projektor zu tun und dabei auch noch sicherzustellen, dass das linke Auge auch tatsächlich nur den „linken“ und das rechte nur den „rechten“ Film sieht.
Eine technische Grundlage stellt der Umstand dar, dass digitale 3D-Filme grundsätzlich „nur“ 2K-Auflösung haben, was daran liegt, dass zwei Bilder gleichzeitig verarbeitet werden müssen, also 48 statt 24 Bilder pro Sekunde, und realistische Datenraten damit schon völlig ausgereizt sind.
2K-Einzelprojektionssysteme geben solche 3D-Filme wieder, in dem sie abwechselnd die Bilder für die linken und rechten Augen der Betrachter zeigen. Um hier störende Stroboskop-Effekte zu vermeiden, wird jedes Bild dreimal wiederholt (man spricht hier von „triple flash“). Es werden also 2 (für beide Augen) x 24 Bilder / Sekunde 3 x wiederholt, d. h. auf den Betrachter prasseln satte 144 Bilder / Sekunde ein, die dann erstmal vom Gehirn in ein räumliches Bild zusammengesetzt werden wollen, zumal ja immer nur ein Auge eine Bildformation erhält, während das andere „stummgeschaltet“ ist. Dennoch ist das Ergebnis ausgesprochen ansehnlich und liefert eine hervorragende Qualität.
Warum immer noch Brillen für 3D?
Es gibt immer noch den Traum von autostereoskopischer Wiedergabe, also „3D ohne Brille“. Allerdings ist dessen Realisierung für Kinos noch weit entfernt, um nicht zu sagen immer noch undenkbar. Die insofern unvermeidlichen 3D-Brillen dienen also immer noch dem Zweck sicherzustellen, dass das linke Auge eben nur die für dieses auch bestimmten Bilder sieht (und sinngemäß das gleiche für das rechte). Die Bilder müssen für diesen Zweck im Projektor „codiert“ werden, um von der Brille wieder „decodiert“ zu werden. Diese Adressierung der Bilder erfolgt durch zirkulare Polarisation, die ganz im Kontrast zu früher üblicher linearer Polarisation den klaren Vorteil hat, dass Kopfbewegungen des Betrachters keine Einschränkung des 3D-Erlebnisses mehr bedingen, während man früher gezwungen war, den Kopf bewusst still im rechten Winkel in Richtung Leinwand zu halten. Zudem handelt es sich natürlich nicht mehr um die berüchtigten Rot-Grün-Brillen, die katastrophale Falschfarben auslösten. Und nicht zuletzt wissen auch die Brillen zu gefallen: wo früher schreckliche Pappbrillen im Einsatz waren, mutieren heute Besucher ganzer Kinosäle zur Verwandschaft der „Blues Brothers“...